Karneval in Rio – das ist der Karneval schlechthin und weltberühmt. Allerdings gibt es in ganz Lateinamerika noch viele andere ebenso leidenschaftliche, farbenfrohe und traditionsreiche Faschingsfeste. Wir nehmen Sie mit auf einen kleinen Rundgang durch die Welt des Karnevals in Südamerika und der Karibik:
Karneval in der Karibik
Musikgruppen sorgen mit Calypso-, Tumba- und Road March-Songs für Stimmung, schöne Frauen wackeln mit ihren Hüften, prächtige Wagen konkurrieren um den ersten Preis und Faschingsfreunde zeigen voller Stolz ihren aufwendigen Kopf- und Körperschmuck! Anders als allgemein angenommen, ist der karibische Fasching an keine bestimmte Jahreszeit gebunden.
Dass auf den Bahamas, in St. Kitts und auf Montserrat in der Zeit von Weihnachten bis Neujahr ausgelassen auf den Straßen gefeiert wird, ist in der Zeit der Sklaverei begründet: Damals waren die christlichen Festtage für die afrikanischen Sklaven die einzigen freien Tage im ganzen Jahr – Grund genug, um zu tanzen, zu singen, lautstark zu feiern und ein bisschen in Erinnerungen an die alte Heimat zu schwelgen. Mancherorts sind die Fastnachtsfeiern noch heute als Andenken an diese Ursprünge zu sehen.
Auf den Bahamas beginnt die fünfte Jahreszeit bereits zu Weihnachten und erreicht ihren Höhepunkt am Neujahrstag. Auch in den Kneipen und auf den Straßen Montserrats erklingen um Weihnachten eher Jazz-, Reggae-, und Calypso-Songs als besinnliche Flöten- und Orgelmusik, die man aus unseren Breiten kennt. Anderswo war die Christianisierung dominanter: Dort wird Karneval heute vor allem als Fest vor der entbehrungsreichen Fastenzeit gesehen.
Aus Marketing-Gründen, um Überschneidungen mit Trinidad zu vermeiden, haben manche Inseln ihren Karneval zeitlich verschoben. Trinidad ist nämlich die Karnevalshochburg der Karibik. Für die stolzen Trinibagonians ist ihr Karneval, auch genannt „Jump-Up“, „The Greatest Show On Earth“. Richtig rund geht es hauptsächlich an Rosenmontag und Faschingsdienstag. Auf den Straßen der Inseln sind „Jab Jabs“ (Teufel), „Burrokeets“ (Esel), „Midnight Robbers“ (Gauner) und „Moko Jumbies“ (Riesen auf Stelzen) unterwegs. Der Ursprung dieser Figuren reicht bis in die Kolonialzeit zurück, als sich die unteren Bevölkerungsschichten verkleideten und so die Oberen verspotteten. Beim „Jump-Up“ bewegen sich die uniform kostümierten Mitglieder einer Band zu Calypso und Soca-Musik tanzend durch die Straßen. Eine der bedeutendsten Ehrungen im Karneval auf Trinidad ist die Auszeichnung als „Calypso King“. Das „Jumping“ in einer Karnevalsband ist für viele arme Inselbewohner ein teurer Spaß, auf den sie ein ganzes Jahr sparen.An die Sklavenarbeit des 18. Jahrhunderts auf Barbados erinnert das „Crop Over Festival“, eine Mischung aus Zuckerrohr-Erntedankfest und Karneval, im Juli. Fünf Wochen lang bedanken sich die Insulaner dann für die eingefahrene Zuckerrohr-Ernte.Lassen Sie uns nun einen Blick aufs Festland werfen!
Karneval an der Atlantikküste

Der Karneval von Baranquilla ist das bedeutendste Fest Kolumbiens und wird an vier Tagen gefeiert. Am ersten Tag wird das Fest mit der „Batalla de las Flores” (Blumenschlacht) feierlich eröffnet. Der zweite Tag ist einem Umzug mit klassischen Verkleidungen, ganz in der kolumbianischen Tradition, gewidmet. Am nächsten Tag steht die Musik im Vordergrund. Die „Parada de la Fantasía” (Parade der Phantasie) betont die Offenherzigkeit und die Frohnatur des kolumbianischen Volkes. Am vierten und letzten Tag erscheint „Joselito”, eine Art Maskottchen, das einen symbolischen Tod stirbt und somit das Ende des Karnevals einläutet. Dabei wird traditionelle kolumbianische Musik mit typischen Instrumenten, die an die afrikanischen, indigenen und europäischen Einflüsse erinnern, gespielt. Zum großen Abschluss werden auf original kolumbianische Rhythmen Tänze wie „la cumbia“, „el porro“, „el mapalé“ und „la puya“ getanzt. 2008 wurde der Karneval von Baranquilla in die Repräsentative Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Karneval in den Anden
Volkslieder, schelmische Lieder, oft mit doppelter Bedeutung, sind typisch für den Karneval in Cajamarca (Peru). In Chiquián (ebenfalls Peru) beginnt der Fasching eigentlich schon im Januar. Dann fangen die Jungen an, auf Mädchen auf der Straße, mit Wasserbomben zu werfen. Um nicht zur Zielscheibe zu werden, wagen sich daher die meisten Mädchen in dieser Zeit nur in Begleitung einer älteren Dame, auf die Straße.
In Ecuador wird im Fasching gerne mit Wasser gespielt. Dort machen sich ganze Nachbarschaften gegenseitig tropfnass.
„La Diablada de Oruro”, ist der charakteristischste Karneval Boliviens und das bedeutendste Fest des Landes, das von der UNESCO zu einem Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit erklärt wurde. Angeblich stammt er vom „Ball de diables”, einem katalanischen Tanz aus dem 15. Jahrhundert, bei dem sich das Gute und das Böse gegenüberstanden, ab. Auch präkolumbische Traditionen der indigenen Bevölkerung, vor allem der Uros Boliviens, hatten wohl Einfluss auf diesen Karneval, einem Gemeinschaftstanz, bei dem der Teufel und die sieben Todsünden auftauchen. Im bolivianischen Karneval spielt außerdem traditionell das andine Ritual der Aymara der „ch’alla” eine große Rolle. Dabei wird „Pachamama”, Mutter Erde, u. a. mit Alkohol, Blütenblättern, Getreide und Konfetti um Wohlstand für das nächste Jahr gebeten.
Karneval in der südlichen Hälfte des Kontinents

In Montevideo, der Hauptstadt Uruguays, ist man stolz auf den längsten Karneval der Welt. Bereits Mitte Januar findet der erste Umzug, an dem bunte Wagen, Musikgruppen und Tänzer teilnehmen, statt. Anschließend wird ganze 40 Tage lang, bis Anfang März, gefeiert. In musikalischer Hinsicht war der Karneval von Montevideo schon immer berühmt für seine „candombes”, ein Rhythmus, der zu Kolonialzeiten mit den afrikanischen Sklaven ins Land kam und sich dort zu einer eigenen Musikrichtung weiterentwickelte. „Candombe“ ist ein gattungsbestimmender Ausdruck für alle schwarzen Tänze, die damals von Afrika an den Rio de la Plata gelangten. In Buenos Aires (Argentinien) gehen heute vor allem die „murgas“ auf die Straßen. Das sind Gruppen von Straßenmusikern, die satirische Texte, die fast ausschließlich von Trommlern begleitet werden, vortragen und fordern, dass die Faschingsfeiertage, die von der Militärdiktatur (1976-1983) abgeschafft wurden, wieder zu nationalen Feiertagen erklärt werden.
Sind Sie neugierig geworden? Zahllose Reiseangebote in die vorgestellten Länder finden Sie beim Südamerika Reiseportal.