Weihnachten in Südamerika, Mittelamerika und der Karibik ist ein Fest voller Musik, kultureller Vielfalt und verschiedenster kultureller Einflüsse. Obwohl der christliche Glaube in vielen Ländern Lateinamerikas eine zentrale Rolle spielt, unterscheiden sich die Bräuche oft stark von den besinnlichen Feierlichkeiten in Europa. Hier treffen indigene, europäische und afrikanische Einflüsse aufeinander und schaffen einzigartige Weihnachtserlebnisse. Von farbenfrohen Paraden über sommerliche Strände bis zu traditionellen Tänzen – in diesem Artikel nehmen wir Dich mit auf eine Reise durch die faszinierenden Weihnachtsbräuche dieser Regionen.
Allgemeine Informationen zu Weihnachten in Lateinamerika
Der Großteil der Bevölkerung in Süd- und Mittelamerika ist katholisch, weshalb Weihnachten einen hohen Stellenwert hat. Anders als in Europa herrschen in vielen Ländern der Südhalbkugel zu dieser Zeit Hochsommer und Hauptferienzeit– so wird Weihnachten häufig unter Palmen gefeiert. Gemeinsamkeiten wie die Mitternachtsmesse („Misa de Gallo“), Krippenausstellungen und festliche Familientreffen sind überall verbreitet. Dennoch spiegelt sich die kulturelle Vielfalt der Länder in unterschiedlichen Bräuchen wider: farbenfrohe Paraden, tanzende Kinder, rhythmische Musik und kulinarische Besonderheiten gehören vielerorts dazu.
Beim Weihnachtsessen überwiegt teilweise der amerikanische Einfluss. In vielen Ländern Lateinamerikas gibt es Truthahn zu Weihnachten. Das Festessen findet allerdings in den meisten Ländern Lateinamerikas am späten Abend des 24. Dezember statt. Gegessen wird nach dem Besuch der heiligen Messe.

In den meisten Ländern darf der Weihnachtsbaum nicht fehlen, oft ist es einer aus Plastik oder es werden Mangobäume oder Bananenstauden verwendet. Diese werden oft kunterbunt geschmückt und mit bunten Lichtern ausgestattet. An einem besonders schönen Platz wird die Krippe aufgebaut, welche Nacimiento (Geburt) genannt wird. Doch erst in der Nacht des 24. Dezembers wird das Jesuskind in die Krippe gelegt.
Weihnachten in verschiedenen Ländern
Weihnachten in Brasilien
In Brasilien landet der Weihnachtsmann „Papai Noel“ auf spektakuläre Weise: Er fliegt per Hubschrauber ins Maracanã-Stadion und verteilt Geschenke unter tosendem Applaus. Feuerwerke und Musik begleiten diesen außergewöhnlichen Auftritt. Das Weihnachtsessen besteht häufig aus Truthahn – gern gefüllt mit “farofa”, einer Mischung aus geröstetem Maniokmehl, Eiern, Zwiebeln, Speckwürfeln, Knoblauch und Oliven-, Früchten und dem beliebten Panetón, ein Erbe aus Italien. Ein Highlight sind die in vielen Städten, wie z.B. in Rio de Janeiro, um Mitternacht gezündeten Feuerwerke.

Weihnachten in Chile
In Chile herrscht im Dezember Sommer und die Sommerferien beginnen. Die ganze Familie im katholisch geprägten Land freut sich auf die traditionellen Feste und obwohl in Chile verschiedene Kulturen und Traditionen nebeneinander bestehen, wird überall mit Familie und Freuden gefeiert, gegessen, getanzt und getrunken. Der „Viejito Pascuero“ – der alter Hirte – oder „Papá Noel“ bringt die Geschenke – durch Schornsteine oder Fenster. Zum traditionellen Festmahl gehört ein mit Kastanien gefüllter Truthahn und der süße Weihnachtskuchen „Pan de Pascua“. Dazu wird „Cola de Mono“ serviert, ein beliebter Cocktail aus Pisco, Kaffee und Milch. Nach der Mitternachtsmesse gibt es die Bescherung, oft bis in die frühen Morgenstunden.

Weihnachten in Venezuela
In Venezuela ist Musik ein zentraler Bestandteil der Weihnachtszeit. Gruppen von Sängern ziehen mit Aguinaldos, traditionellen Weihnachtsliedern, durch die Straßen. Sie handeln von der Geburt Jesu und werden von traditionellen Instrumenten wie Tamburin, Rassel, Furruco (Trommel) und Cuatro (vierseitige Gitarre) und Charrasca (kleine Gitarre) begleitet. Gaita-Festivals – so heißen die Weihnachtslieder im Westen Venezuelas – mit afrikanischen Einflüssen laden zum Tanzen ein.
Jeder Morgen eines Dezembertages wird Misa de Aguinaldo genannt. Es gibt auch morgendliche Veranstaltungen, die sogenannten Patinatas. In Caracas sind ganze Straßenzüge für die Patinatas gesperrt, auf denen Kinder – es sind ja Ferien – Rollschuhlaufen und musizieren.
Die „Hallaca“, eine Teigtasche aus Maismehl gefüllt mit Fleisch, Gemüse und Oliven, die in Bananenblätter eingewickelt wird, ist das kulinarische Highlight und spiegelt Venezuelas multikulturelle Geschichte wider. Jede Familie hat ihr spezielles Rezept für Füllung und Teig und alle helfen bei der aufwendigen Zubereitung mit. Es ist Tradition, die Hallacas am Weihnachtstag zwischen den Familien auszutauschen. Als Beilagen gibt es üblicherweise Pan de Jamón – ein gerolltes Schinkenbrot, ähnlich wie ein Strudel – und Kartoffelsalat.

Weihnachten in Kolumbien
Kolumbien startet das Weihnachtsfest mit der „Noche de las Velitas“ am 7. Dezember. An diesem Abend erstrahlen Städte und Dörfer in Lichtermeeren aus Kerzen und Lampions. Das religiöse Fest feiert die Ankunft Marias und die Kolumbianer geben Maria eine kleine Hilfe, den Weg zu finden.
Ab dem 16. Dezember findet die „Novena de Aguinaldos“ statt, bei der Familien neun Abende lang beten, singen – die “Villancicos” (Weihnachtslieder) – und musizieren. Den ganzen Monat wird viel Salsa, Merengue, Cumbia, Vallenato und andere Rhythmen der kolumbianischen Feste getanzt und manchmal bis zum Morgengrauen gefeiert, traditionelle Weihnachtslieder gesungen und kulinarische Spezialitäten gegessen. Die Häuser werden auch voller Vorfreude auf das Fest weihnachtlich dekoriert und geschmückt.
In der Nacht auf den 25. Dezember verstecken die Eltern kleine Geschenke, die Kinder am Morgen finden. Dazu gibt es süße Leckereien wie Natillas (Puddingtörtchen) und Buñuelos (Teigbällchen).

Weihnachten in Peru
In Peru verschmelzen indigene und christliche Traditionen. Die kunstvoll geschnitzten Krippenfiguren nach indigenem Vorbild sind ein wichtiger Bestandteil des Festes.
Ein besonderes Ereignis ist das Pferderennen in der Stadt San Pablo, bei dem drei „Könige“ gegeneinander antreten. Drei Bewohner verkleiden sich als die weisen Männer Inkarri, Mistirri und Negrorri (Inka König, Mestizo König und schwarzer König). Gewinnt Inkarri, so bedeutet dies eine tolle Ernte in der Region um Cuzco. Gewinnt Mistirri steht den Menschen in der Region Altiplano ein gutes Jahr bevor. Falls Negorri gewinnen sollte, so bedeutet dies zwar einen Mangel an Waren, aber trotzdem Reichtum.
Kulinarisch gehört der Panetón, serviert mit heißer Schokolade, zum festen Bestandteil des Weihnachtsessens.
Im Artikel “Laut und bunt: Weihnachtstraditionen in Peru” haben wir die peruanischen Traditionen nochmal ausführlich geschildert.

Weihnachten in Ecuador
In Ecuador finden farbenfrohe Paraden wie die „Pase del Niño“ statt. Familien ziehen mit verkleideten Kindern, Hirten und Königen sowie Gruppen von Musikern und Tänzern Weihnachtslieder singend durch die Straßen. Besonders sehenswert ist die 20 Meter hohe, beleuchtete Krippe auf dem Hügel „El Panecillo“ in Quito. Diese ist kaum zu übersehen, da sie mit über 60.000 Lichtern geschmückt ist.
Viele Familien und Nachbarn bereiten sich in den 9 Abenden vor Weihnachten – Novena de Aguinaldos oder Novena del Niño Jesús genannt – auf den Heiligen Abend vor. Diese Abende symbolisieren die Schwangerschaftszeit vor Jesu Geburt. Es wird gemeinsam aus der Bibel gelesen, Lieder gesungen und für Jesus gebetet.
Regionale Spezialitäten wie gefüllter Truthahn, Spanferkel oder süße Pristiños oder Puñuelos, das sind krapfenartige Teigbällchen mit einer Honig-Karamell-Sauce, gehören zum Weihnachtsessen.
Von Dorf zu Dorf lassen sich unterschiedliche Weihnachtsbräuche finden. So ist Calderón bekannt für seine weihnachtlichen Marzipanfiguren in allen möglichen Ausführungen. In Puembo wird Wert auf die Heiligen-Drei-Könige- Feierlichkeiten mit Tänzen und Verkleidungen gelegt und in La Merced möchte man gar nicht mehr aufhören zu feiern – hier gehen die Weihnachtsfeierlichkeiten von Anfang Dezember bis Anfang Februar!
Die Mehrheit der Ecuadorianer sind Bauern und arbeiten oft außerhalb der Stadt auf Feldern. Damit man trotzdem die Krippe oder Kirche besuchen kann, nutzt man Lamas als Fortbewegungsmittel. Die Lamas werden mit Blumen und bunten Stoffen geschmückt und mit Nahrungsmittel beladen.

Weihnachten in Bolivien
In Bolivien verkürzen Kinder die Wartezeit auf Weihnachten mit Tanz und Musik. Gruppen ziehen singend durch die Straßen und tanzen vor aufgebauten Krippen in den Häusern. Sie singen zusammen mit den Gastgebern Lieder auf Spanisch, Aymara und Quechua. Traditionell wird Weihnachten hier stark mit der Familie gefeiert, oft in Kombination mit lokalen Tänzen und Bräuchen. Um Mitternacht gibt es in den größeren Städten große Feuerwerke.
Das typische Weihnachtsessen ist Picana Navideña, das aus verschiedenen Fleischsorten in einer würzigen Soße besteht. Auch in Bolivien gibt es Buñuelos und Panetón mit heißer Schokolade.
Weihnachten in Mexiko
In Mexiko sind die „Pastorales“ sehr beliebt – Theateraufführungen, die Weihnachtsgeschichten wie die Reise der Hirten nach Bethlehem nachspielen. Theateraufführungen werden Weihnachtsgeschichten nachgespielt, z.B. die Reise der Hirten nach Betlehem und andere religiöse Geschichten. Die Theateraufführungen wurden im 16. Jahrhundert nach Lateinamerika gebracht und dienten dazu, dass die Indios zum Christentum konvertierten.
Eine weitere Besonderheit sind die „Posadas“: Prozessionen, bei denen die Suche nach einer Herberge symbolisiert wird. Bei der Feier danach wird gerne “Ponche” getrunken, ein Weihnachtspunsch. Das Fest endet am 24. Dezember mit einem großen Festessen und der Mitternachtsmesse.

Weihnachten in Kuba
Weihnachten wurde im Jahr 1970 von Fidel Castro komplett abgeschafft. Erst seit dem Jahr 1998 wurde es wieder offizieller Feiertag. Weihnachten in Kuba wird heute als Familienfest betrachtet und hat für die meisten Kubaner keine große religiöse Bedeutung. Man trifft sich mit Familienangehörigen, isst und trinkt zusammen und feiert ausgelassen.
Weihnachten in Jamaika und den Bahamas
In Jamaika beginnt das Weihnachtsfest mit den „Grand Markets“, lebhaften Straßenmärkten mit Musik, Spielzeug und Dekorationen. Die Gottesdienste sind von Reggae-Musik geprägt – ein Beispiel ist im Video zu hören. Die Geschenke bringt Father Christmas und der englische Weihnachtspudding steht hoch im Kurs. Weihnachtlich geschmückt wird gerne mit Weihnachtssternen, also der Pflanze mit den roten Blättern.
Auf den Bahamas geht es wenig besinnlich zu: Am 26. Dezember findet der „Junkanoo“-Karneval statt, eine fröhliche Parade mit Tänzen, Musik und kunterbunten Kostümen. Die Tanzform “Junkanoo” gibt es seit der Sklavenzeit, aber die Wortherkunft und – bedeutung sind unbekannt. Aber dass sie für gute Stimmung sorgt, ist unbestritten!
Weihnachten in Trinidad und Tobago
Wie Weihnachten auf diesen beiden karibischen Inseln gefeiert wird, hat unsere Praktikantin Paula ausführlich im Artikel “Ponche-de-Creme, Pastelles und Parang – Weihnachten in Trinidad und Tobago” erzählt.